Geschichten von Krilgarin

Das Klackern von Schuhen hallte gespenstisch von den Wänden des langen Korridors wieder. Krilgarin schritt mit Entschlossenheit voran. 'Was hat der alte Zausel nun schon wieder?', schoss es ihr auf halbem Weg durch den Kopf. Vor einer Wochen erhielt sie die Anweisung unverzüglich in das Anwesen-Aurenda zurückzukehren. Und dabei standen ihre Kadettenprüfungen kurz bevor. Sie hatte mittlerweile die Tür zum Arbeitszimmer ihres Vaters erreicht. Widerwillig legte sie die Hand auf den Türgriff. Sie hielt inne, noch könnte sie sich einfach umdrehen und wieder zurück an die Akademie gehen. Aber bevor sie den Gedanken fertig durchdacht hatte hörte sie bereits die ungehaltene Stimme ihres Vaters: „Kommst du nun rein oder willst du Staub fangen?“

Krilgarin verdrehte die Augen, atmet nochmal tief durch und öffnete die Tür. Sie erblickte das amtierende Oberhaupt der Aurenda-Familie: Hallam Aurenda. Er saß wie gewohnt an seinem großen Schreibtisch. Er tat gar nicht so als würde seine Tochter im Raum stehen. Augenscheinlich las er einen Brief, wahrscheinlich ein Bittgesuch eines Bauern. „Was willst du?“ Krilgarin war sich bewusst, dass diese Unhöflichkeit einer Beleidigung gleichkam, aber das kümmerte sie nicht. Er legte das Schreiben zur Seite und stand auf. Hallam Aurenda wandte sich einem Bücherregal zu und begann die Buchrücken entlangzugehen. Er ignorierte sie geflissentlich wie er es immer tat, um ihr zu zeigen wie wenig er von ihr hielt. In Krilgarin kochte die Wut hoch:„Hör zu, ich habe nicht vor meine Zeit an einem alten Zausel zu verschwenden, der meint seiner Tochter das Leben schwer machen zu müssen. Wenn du nichts mit mir zu tun haben möchtest, weil ich meinen eigenen Weg gehe. Fein. Aber wenn du meinst ich werde jedes mal springen, wenn du gerade wieder irgendein Wehwechen hast, dann hast du dich getäuscht. Entweder du sagst was du willst oder ich werde wieder gehen.“ Er blickte sie zum ersten Mal richtig an. „Du hälst dich wohl für allwissend. Hochmut kommt vor dem Fall, geschätzte Tochter.“ Er ließ die Worte schneidend im Raum stehen.

„Der Grund, warum ich dich herkommen ließ ist folgender: Ich werde nicht mehr lange in der diesseitigen Welt verweilen.“ Krilgarin starrte ihn an als ob er gerade einen geschmacklosen Witz zum Besten gegeben hätte. „Was sagst du da?“ „Du hast mich schon verstanden.“ „Wie kommst du zu dem Schluss?“ „Vor zehn Tagen bekam ich einen Drohbrief, was an sich nichts ungewöhnliches ist und ich schenkte ihm keine weitere Beachtung. In der Nacht darauf jedoch gelang es jemandem in das Anwesen einzudringen. Er verletzte einen Diener und versuchte mich zu töten. Den Göttern sei dank haben mich deine Schwester und dein Bruder nicht im Stich gelassen und sie konnten ihn überwältigen.“ „Wo ist er jetzt? Wir könnten noch einige Informationen von ihm bekommen.“ „Das ist nicht notwendig. Ich habe ihn persönlich befragt. Ich konnte in Erfahrung bringen dass ein weiterer Anschlag auf mich geplant ist und er nicht zu verhindern sei. Er war allerdings sturer als gut für ihn war.“ Krilgarin wusste genau was ihr Vater damit andeutete. Er hatte seine Grausamkeit wiedereinmal an einer armen Seele ausgelassen. Auch ihr war diese Grausamkeit nicht fremd, was auch der Grund war warum sie an die Kriegerakademie gegangen war. „Und was hat das mit mir zu tun?“ fragte sie in der Hoffnung endlich den Grund ihres Zwangsbesuches zu erfahren. „Ich habe dich herkommen lassen um mit dir die Übergabezeremonie durchzuführen.“

„Wiebitte!?“

„Morgenfrüh werde ich sie durchführen, ich erwarte das du pünktlich bist.“ Er hielt das Gespräch anscheinend für beendet, aber Krilgarin lies sich nicht mehr so leicht abspeisen wie eine Zehnjährige. „Das kannst du nich...“ Hallam Aurenda sah sie nun mit unverholenem Zorn an: „Ich bin das Oberhaupt unserer Familie und habe die Pflicht unsere Geheimnisse zu schützen und wenn nötig frühzeitg an meine Nachfolge weiterzugeben wenn ein nahender Tod droht. Und bilde dir jah nicht ein du wärest meine erste Wahl aber der Ahnenstein verbietet mir eine Andere als dich.“ Das hätte sich Krilgarin auch schon denken können dass er zuerst alle Alternativen durchgeht und dennoch verletzte sie diese Aussage sehr. „Muss ich Vorbereitungen treffen, Vater?“ Sorge nur dafür das du dich nicht Verspätest.“ erklärte ihr Vater kühl. „Du kannst jetzt gehen.“

Schicksalsergeben drehte sie sich zur Tür, öffnete sie und verließ den Raum. Als sie im Korridor stand fing sie an zu realisieren was im Arbeitszimmer ihres Vaters gerade geschehen war. Ein Diener ging an ihr vorbei. Sie bemerkte den Verband am Arm des Mannes. „Wie geht es dir?“ „Dem Herr geht es gut.“ erwiederte der Mann etwas ängstlich. Krilgarin lächelte ihn aufmunternd an „Ich habe nach deinem Wohl gefragt.“ „Es schmertzt.“ „Hat sich das Mal ein Arzt angeschaut?“ Der Mann nickte verlegen. „Er riet mir den Arm zu schonen.“ „Und was machst du dann hier?“ „Der Herr sagte ich werde es auch so schaffen. Es mache bei mir eh keinen Unterschied ob verletzt sei oder nicht.“ Krilgarins Stimmung wurde mit jedem Moment schlechter. Sie hätte dem Mann gerne solange frei gegeben bis seine Verletzung ausgeheilt wäre, aber leider lag dies nicht in ihrer Macht. Denn der Mann gehörte zum Dienerstab der direkt dem Oberhaupt unterstellt war und der konnte über diese Dinge verfügen wie ihm der Sinn stand. Sie beschloss das Thema zu wechseln um einen Wutausbruch ihrerseits zu verhindern „Kannst du mir sagen wo meine Geschwister sind?“ „ Die Herrenkinder befinden sich nach meinem Wissen im Tainings-Arboretum.“ „Vielen Dank. Und gute Besserung.“ „Danke, Herrentochter.“ Krilgarin nickte ihm zu und ging Richtung Arboretum davon.

Das Training-Arboretum ist ein großer mit Pflstersteinen abgegrenzter Bereich im Park. Die Bäume die im Kreis darum angeordnet sind, sind alle aus fernen Ländern hierher geschaft worden. Um sie zu schützen war eine magische Barriere errichtet worden, damit fehlgeleitete Kampfzauber nur innerhalb des Platzes blieben. Sie hörte den Trainingskampf schon von weitem. Als sie in die Barriere eintratt schleuderte ihr Schwester gerade einen Feuerball in ihre Richtung. Mit geübter Bewegung zog Krilgarin ihre Zwillingsschwerter und blocke den magischen Angriff ab. „Du wirst immer besser Arailis!“ rief Krilgarin. Arailis und ihr Bruder Kalovar hielten inne. „Krilgarin!“ Arailis rannte freudestrahlend auf sie zu und umarmte sie übeschwänglich. Als sie von Krilgarin abgelassen hatten umarmte auch Kalovar seine Schwester herzlich. „Wir freuen uns das du endlich da bist. Wir haben schon auf dich gewartet.“ „Bin auch froh euch wiederzusehen. Wie ich sehe ward ihr fleißig.“

Arailis zuckte mit den Achseln: „Es geht so. Ich bekomme die Magiemauer noch nicht richtig hin.“ „Sie macht sich.“ entgegnete Kalovar „Hast du schon mit Vater gesprochen?“ „Ja, aber könnt ihr mir vielleicht mehr Informationen über diese Sache geben?“ „Was hat Vater denn zu dir gesagt?“ fragte Arailis. Krilgerin fasste zusammen: „Zeremonie, morgen früh, sei pünktlich!“ „Verstehen.“ sagte Kalovar. „Was möchtest du wissen?“ „Was hat es mit dem Anschlag der nicht verhindert werden kann auf sich? Wissen wir wann der stattfinden soll? Und um welche Uhrzeit ist für Vater früh?“ Die Geschwister schmunzelten über die letzte Frage. „Keine Sorge wir holen dich ab.“ kicherte Arailis. „Was die anderen Fragen angeht.“ eröffnete Kalovar das ernste Thema „Wir wissen das er morgen am Tag stattfindet aber nicht wann genau. Und genaueres wie dieser Anschlag aussehen soll wissen wir leider auch nicht. Ich habe jedoch so gut ich konnte für alle Eventualitäten vorgesorgt.“ „Ich weiß das du in solchen Sachen sehr sorgfältig bist. Du hast mein vollstes Vertrauen.“ „Ich weiss dein Vertrauen zu schätzen, Schwester.“ Aus der ferne erschall eine Glocke die zum Abendmahl rief. Die drei verließen den Kampfplatz und bald darauf wurde es Nacht.

Krlgarin hatte einen unruhigen schlaf. Sie träumte von Dolchen, Blut und ewiger Dunkelheit. Als dann auch noch die Leiche ihres Vaters durch ihre Träume schlich war es endgültig um ihren Schlaf geschehen. Sie richtete sich im Bett auf und lauschte in die Stille um sich bewusst zu werden, dass sie nur geträumt hatte. „ Was für eine Grütze.“ sagte sie in die Nacht hinein. An Schlaf war nicht mehr zu denken und so stand sie wenig später angekleidet in ihren Gemächern. Es vergingen etwa zwei Stunden in denen sie ihren Gedanken freien lauf ließ. Ein rythmisches Klopfen holte sie wieder ins hier und jetzt. Arailis wartete nicht auf einen Antwort und betrat das dunkle Zimmer. Krilgarin beobachtete wie ihre Schwester zum Bett schlich. Krilgarin trat ihrerseits hinter Arailis. „BUH.“ rief Arailis und bemerkte das leere Bett:

„Huch?“

„Du hast das Bett zu Tode erschreckt, schähm dich.“ Krilgarin bemerkte amüsiert wie ihre Schwester zusammenzuckte. Arailis sah Krilgarin an und verzog das Gesicht. „Hätt ja mal klappen können. Aber egal. Komm lass uns gehen.“ Krilgarin nickte.

Sie erreichten wenig später den Zeremonienschrein in dem der Ahnenstein stand. Kalovar und ihr Vater warteten bereits auf sie. „Nach dem Willen des ehrwürdigen Ahnensteins werden die Clananführer der Familie Aurenda bestimmt und ernannt.“ erklang die Stimme ihres Vaters, klar und ohne Zweifel. „Komm zu mir und lege deine Hand auf den Stein.“ Krilgarin stutzte: „Ich dachte du bist mit der Wahl nicht einverstanden?“ „Unabhängig der Differenzen die zwischen uns bestehen bin ich dennoch zu dem Schluss gekommen das du eine würdige Nachfolgerin bist.“ „Ich weiß das sehr zu schätzen. Danke Vater.“ Sie und ihr Vater berührten den Stein. Dieser begann zu leuchten und hüllte den gesamten Raum in Licht.

Eine sanfte Stimme erklang im Geist aller Anwesenden.

„Geweckt aus langem Schlaf, erfüllen wir den Wunsch des Anführers, auf das das Wohl aller weiterhin beschützt bleibt. Wir erwählten dich, Erstgeborenes Kind des Hallam: Krilgarin.“

„Die Ehre und Bürde des Oberhauptes und all seine Geheinmisse wurde nun an den erwählten Nachfolger weitergegeben.“ schloss ihr Vater würdevoll.

bla, bla